Sport in der Schwangerschaft

schwangere Frau mit Gymnastikball

Dass Sport unseren Körper fit hält und sich positiv auf unsere Stimmung auswirkt, ist uns allen klar. Das ist auch in der Schwangerschaft so, dennoch ist hier einiges anders und in unserem Körper verändert sich viel. Daher solltest du dein sportliches Verhalten anpassen, um sicher, sinnvoll und effektiv zu trainieren. Wie dir das gelingt, habe ich bei Helena Schnabl-Aydogmus nachgefragt und sie hat mir viele hilfreiche Tipps mitgegeben!

Sport war schon früh Teil von Helenas Leben und so hat es sie schließlich auch beruflich in den Bereich gezogen. Sie hat mittlerweile Zertifizierungen als Lauf-, Personal- und Kanga-Trainerin erlangt, ihre Leistungen bietet sie unter anderem als vie.provement und bei Kangatraining Oberlaa an. In ihrer Tätigkeit beschäftigt sie sich auch viel mit Sport während und nach der Schwangerschaft und bildet sich hier laufend fort, weshalb sie eine ideale Anlaufstelle zu diesem Thema ist.

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Der Körper hatte immerhin neun Monate Zeit, dein Baby zu „bauen“. Wie soll er da in nur sechs Wochen „wiederhergestellt“ sein?

Medizinisches Personal ist oft in einem Bereich sehr spezialisiert, beschäftigt sich aber nicht so intensiv mit anderen Themen. So ist es auch verständlich, dass ein/e Gynäkolog*in über Sport während und nach der Schwangerschaft in vielen Fällen nur ein begrenztes Wissen hat. Etwa sechs Wochen nach der Geburt haben Frauen ihre Untersuchung und sofern alles in Ordnung ist, sind sie für Sport „freigegeben“. Dabei wird aber oft nicht im Detail darüber gesprochen, welcher Sport sich überhaupt eignet und was man noch vermeiden soll. Der Körper hatte immerhin neun Monate Zeit dein Baby zu „bauen“, wie soll er da in nur sechs Wochen „wiederhergestellt“ sein?

Vorteile von Sport in der Schwangerschaft

Gar kein Sport ist definitiv auch keine Lösung. Immerhin bietet Sport in der Schwangerschaft unglaublich viele Vorteile. Helena nennt mir ein paar der wichtigsten Vorteile:

  • antidepressive Wirkung durch Ausschüttung von Endorphinen
  • ausgleichend bei hormonell bedingten Stimmungsschwankungen
  • reduziertes Präeklampsierisiko und Thromboserisiko
  • Vermeidung und Linderung typischer Schwangerschaftsbeschwerden wie Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit, Beckenbodenschwäche und „Watschelgang“

Sport in der Schwangerschaft bietet noch viele weitere Vorteile. Ganz „nebenbei“ wird auch dein Selbstwertgefühl gestärkt und es ist eine schnellere Erholung nach der Geburt zu erwarten.

Woran oft nicht gedacht wird, sind die vielen Vorteile, die Sport in der Schwangerschaft auch auf dein ungeborenes Kind hat. Dein Baby reagiert nämlich etwa auf die erhöhte Herzfrequenz während dem Sport, wodurch sein Herz gleich mit trainiert wird. Außerdem wird die neuronale Entwicklung positiv unterstützt, wodurch das Orientierungsverhalten und die Fähigkeit der Körperregulierung beim Neugeborenen verbessert werden.

Sport während der Schwangerschaft kann auch dazu führen, dass der Geburtsvorgang erleichtert und das Schmerzempfinden reduziert werden.

schwangere Frau macht Yoga

Worauf soll bei Sport während und nach der Schwangerschaft geachtet werden?

Die allgemeinen Vorteile für Sport in der Schwangerschaft liegen auf der Hand. Aber welcher Sport ist jetzt der richtige? Und was sollte man besser vermeiden? Helena empfiehlt eine Kombination aus Ausdauersport, Koordinationstraining und Krafttraining. Bei letzterem sollte besonders auf die richtige Ausführung geachtet werden und dass die Bauchmuskulatur und der Beckenboden richtig angesprochen werden können. Ein falsches Training der Bauchmuskulatur kann die sogenannte „Rektusdiastase“ verstärken. Die Bauchmuskeln dehnen sich bei der Schwangerschaft ganz natürlich, um Platz zu schaffen. Nach der Schwangerschaft kann eine nicht geschlossene Rektusdiastase etwa zu Rückenbeschwerden führen. Daher ist richtiges (!) Bauchmuskeltraining während und nach der Schwangerschaft besonders wichtig. Ein Überdehnen und Trainieren der geraden Bauchmuskeln ist hier besonders zu vermeiden.

Das Beckenbodentraining ist besonders für die Rückbildung relevant, dennoch empfiehlt Helena den Beckenboden bereits während der Schwangerschaft miteinzubeziehen. „Oft brauchen Frauen ein bis zwei Monate bis sie den Beckenboden konkret anspannen können. Wer schon vorab ein Gefühl dafür entwickelt hat, tut sich danach leichter.“ erzählt mir Helena. Viele von uns schenken dem Beckenboden im Alltag wenig Beachtung, dabei trägt er uns durchs Leben. Nicht nur nach der Geburt, sondern speziell auch im Alter ist bekannt, dass gezieltes Beckenbodentraining bei Inkontinenz helfen kann. Was viele jedoch nicht wissen: von regelmäßigem Beckenbodentraining profitieren Leute in allen Altersgruppen und auch unabhängig von einer Schwangerschaft.

schwangere Frau mit Gymnastikband

Welche Sportarten eignen sich in der Schwangerschaft?

Grundsätzlich sollte immer eine Freigabe eines Arztes vorliegen, dass du in der Schwangerschaft Sport betreiben kannst. Im Zweifelsfall frage lieber nochmal nach, ob es bei Sportarten für dich Kontraindikationen gibt. Helena empfiehlt Trainer*innen zu konsultieren, die auf Training in der Schwangerschaft spezialisiert sind. So geht man sicher, dass man korrekt und effektiv trainiert und wird bestmöglich unterstützt.

Helenas weiterer Tipp zur Sicherheit: „Achte darauf, die Trainingsintensität geringer zu halten als sonst. Bei der Belastbarkeit beachte, dass Bindegewebe, Bänder, Sehen und Gelenke lockerer sind. Daher sind geeignetes Schuhwerk, ein sicherer Untergrund und eine hohe Konzentration wichtig, um Stürze und Verletzungen zu vermeiden. Baue Gleichgewichtsübungen in deinen Alltag eine und schalte den Hausverstand ein!“

Allgemein empfiehlt Helena diese Sportarten während der Schwangerschaft:

Nordic Walking

Der Ausdauersport eignet sich sehr gut, da die Gelenke durch die Stöcke unterstützt werden und man ein optimales Herz-Kreislauftraining hat. Die Intensität kann gut gesteuert werden und die Beckenbodenmuskulatur wird gestärkt. Die Stöcke geben dir auch mehr Halt und ein höheres Sicherheitsgefühl, um etwa ein Umknicken zu verhindern.

Wassersportarten wie Schwimmen und Aquagymnastik

Beides stellt ein gutes Ausdauertraining dar. Da das Gewicht auch vom Wasser getragen wird, ist die Sportart besonders gelenkschonend und Verletzungen werden vermieden. Dadurch eignen sich solche Wassersportarten besonders auch für untrainierte Schwangere.

Radfahren

Grundsätzlich eignet sich Radfahren als gutes Ausdauertraining. Wissenschaftler raten eher zum Ergometer-Training, da das Verletzungsrisiko geringer ist. Beim Outdoor-Radfahren solltest du darauf achten, dass du ungefährliche Strecken wählst und auf Mountainbiken verzichtest. Bedenke: Du selbst trägst einen Helm, aber dein Baby im Bauch nicht.

Tanzen

Beim Tanzen schlägst du gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: neben Ausdauer wird auch deine Koordination trainiert. Vermeide dabei Sprünge, schnelle Drehungen und plötzliche Richtungswechsel. Dann steht dem Tanzspaß nichts mehr im Weg!

Jogging

Diese Sportart solltest du nur wählen, wenn du bereits vor deine Schwangerschaft regelmäßig gelaufen bist, da dein Beckenboden dann schon daran gewöhnt ist. Die Schwangerschaft ist kein geeigneter Zeitpunkt, um damit anzufangen. Du solltest beim Jogging besonders darauf achten, das Kraft- und Beckenbodentraining nicht zu vernachlässigen. Spätestens aber dem 6. Schwangerschaftsmonat solltest du auf eine Sportart umsteigen, bei der die Stoßbelastung nicht so hoch ist.

Individuelle Faktoren berücksichtigen

Es gibt noch viele weitere passende Sportarten – so eignet sich auch Rudern ideal, um deine Wirbelsäule zu entlasten und Kraft im Oberkörper aufzubauen. Helena empfiehlt immer, individuelle Faktoren zu berücksichtigen, zum Beispiel ob eine Frau bereits vorher Sport gemacht hat und was ihr Spaß macht.

Trainings mit hoher Intensität solltest du generell meiden. Du kannst deine Belastung anhand der sogenannten „RPE Skala“ messen. Wenn 1 ist „ich liege auf der Couch“ und 10 ist „ich kann nicht mehr“, sollte deine Belastung zwischen Stufe 4 und maximal 8 gehen. Sanfter, regelmäßiger Sport ist viel besser, als ein seltenes intensives Training!

Frau beim Joggen

Ab wann darf man nach der Geburt wieder Sport machen?

Grundsätzlich gilt, dass man nach einer Spontangeburt nach 6 bis 8 Wochen wieder aktiver sein kann. Bei einem Kaiserschnitt sollten es eher 8 bis 12 Wochen sein, da der Beckenboden und das Bauchgewebe oft stärker beansprucht wurden. Wichtig ist, dass keine Blutungen und Wochenfluss mehr vorhanden sind und auch der Arzt das grundsätzliche OK gegeben hat. Wichtig ist, dass Mutter und Kind gesund sind und es beiden gut geht. Wenn etwa eine Stillproblematik vorliegt, dann konzentriere dich vorerst darauf.

Du solltest dich auch nach der Geburt nicht überfordern, auch eine spätere Rückbildung zeigt ihre Effekte. Du kannst versuchen, nach und nach im Alltag kleine Übungen zu integrieren, solltest aber besonders in den ersten 6 bis 8 Wochen sehr vorsichtig sein und nur Übungen, die speziell fürs Wochenbett empfohlen sind, durchführen. Den gesamten Haushalt erledigen zählt definitiv nicht dazu!

Als Tipps für den Alltag haben sich etwa folgende bewährt:

  • Achte auf einen geraden Rücken z.B. beim Geschirrspüler einräumen oder Wäsche aufhängen
  • Betätige die seitliche Bauchmuskulatur, nicht die gerade (!), z.B. aus dem Bett immer zuerst über die Seite aufrollen oder im Liegen NICHT den Kopf heben oder gerade aufsetzen
  • Gleichgewichtsübungen, z.B. auf einem Bein stehen beim Zähneputzen
  • Wenn du etwas hebst, dann spanne vorher dein Muskelkorsett an

Eine gezielte Rückbildung hilft dir, wieder eine gute Form zu bekommen. Achte auf qualifizierte Angebote und experimentiere nicht selbst ohne Vorwissen herum. Damit kann man speziell in der Rückbildung mehr Schaden als Nutzen anrichten. So sagt Helena auch: „Ein flacher Bauch kommt ohnehin nicht von den geraden Bauchmuskeln, sondern viel mehr vom Transversus abdominis, dem Muskelkorsett, das uns von der Wirbelsäule aus bis nach vorne umgibt. Damit wird auch unser Oberkörper stabilisiert, wodurch lästige Beschwerden wie Rückenschmerzen wieder verschwinden können.“

Sportlich durch die Schwangerschaft

Lass dich nicht davon abhalten, in der Schwangerschaft Sport zu machen, denn es tut dir und deinem Baby gut. Indem du einige Punkte beachtest und im Zweifelsfall einen Arzt oder eine Ärztin konsultierst, steht dem nichts mehr im Weg.

Du kannst auch nach speziellen Sportangeboten in der Schwangerschaft Ausschau halten. So ist etwa Schwangerenyoga aktivierend, aber gleichzeitig auch entspannend. Wenn nicht gerade wegen Corona Angebote auf Onlineplattformen verlegt werden, ist es auch eine gute Möglichkeit, andere werdende Mamas kennenzulernen und sich so auszutauschen. Sport macht gemeinsam oft gleich viel mehr Spaß – also suche dir eine Gruppe oder schnapp dir deine/n Partner*in oder eine Freundin und los geht´s!

Hier kannst du mehr über Helena und ihr Angebot erfahren:

VIE.PROVEMENT

Kangatraining Oberlaa

 

Alle genannten Informationen in diesem Blogbeitrag sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert worden. Konsultiere bitte dennoch einen Arzt/Ärztin, da ich keine medizinische Fachkraft bin.

Helena beim Kangatraining

Foto-Credits von Fotos mit Helena: Helena Schnabl-Aydogmus

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