Lesezeit – „Das weibliche Kapital“

"Das weibliche Kapital" Buch mit Kaffee und Kuchen

Wenn ich mir wünschen dürfte, dass jede*r ein Buch liest, dann wäre es „Das weibliche Kapital“ von Linda Scott. Es zeigt auf, wie eine florierende Wirtschaft mit der Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt zusammenhängt und eine Gesellschaft gesamtheitlich von Gleichberechtigung profitiert. Du erfährst in diesem Beitrag, weshalb das Buch so beeindruckend ist und wieso ich Bonobos jetzt lieber mag als Schimpansen.

„Das weibliche Kapital“ von Linda Scott erschien im September 2020 beim Hanser Verlag. Die emeritierte Professorin hat damit ihr Lebenswerk vorgelegt und zeigt auf, dass die Gleichberechtigung der Frau eine Notwendigkeit für ein gutes und stabiles Wirtschaftssystem ist. Ein Querschnitt über verschiedene Länder zeigt anhand lebensnaher Beispiele mit welchen Herausforderungen Frauen auf der ganzen Welt zu kämpfen haben. Genauso werden aber auch Lösungsansätze vorgestellt, wie mehr Gleichberechtigung funktionieren kann.

Wieso Frauen für eine funktionierende Wirtschaft essentiell sind

Linda Scott begründet auf Basis zahlreicher wissenschaftlicher Fakten und Erhebungen ihre Ausführungen und untermauert diese mit Beispielen aus dem Leben. Dadurch wird einerseits ihre Expertise sichtbar, da sie oft vor Ort war, um sich um prekäre Umstände zu kümmern. Andererseits bleibt man als Leser*in gut im Fluss und es handelt sich um kein reines Sachbuch.

Es ist Zeit, nicht mehr so zu tun, als sei das kein Kampf. Frauen können aus Protest demonstrieren, streiken und wählen - oder sie können sich auf einen Ort innerhalb der Weltwirtschaft konzentrieren, an dem sie Macht haben. Und diese Macht nutzen.
- Linda Scott -

Zu Beginn wird die sogenannte „XX-Ökonomie“ indem beschrieben, welche negativen Auswirkungen die Nicht-Einbeziehung von Frauen in die Wirtschaft auf die gesamte Situation und den Wohlstand eines Landes hat. Außerdem werden „Totschlag-Argumente“ wie jenes, dass der Mann von Natur aus den Frauen überlegen sei, widerlegt. Da Frauen oft als Handelsware betrachtet wurden, war es nur sehr schwer möglich, dass diese eine unabhängige Rolle einnehmen.

Die historische Entwicklung über alle Kontinente gewährt so spannende Einblicke und zeigt auf, weshalb es für Frauen in männlich dominierten Umfeldern auch heute noch besonders schwierig ist, zu bestehen.

Mütter im Abseits

Die Situation ist besonders für Mütter schwierig, da sie verstärkt finanziell benachteiligt sind und oft weniger Geld für die gleiche Arbeit bekommen. Allgemein ist in europäischen Ländern oft als Begründung zum geringeren Verdienst angeführt, dass es sich um „individuelle Entscheidungen“ handelt. Dabei sind strukturelle und gesellschaftliche Normen nach wie vor der treibende Faktor und die Betreuung von Kindern oder älteren Menschen wird gering geschätzt.

Beispiele aus Entwicklungsländern schockieren, aber wir sollten uns auch hierzulande nicht mit dem „geringsten Übel“ zufriedengeben. Eine Frau sollte am Finanzmarkt fair behandelt werden und genauso einen Kredit bekommen, eine Frau sollte genauso Beruf und Familie haben dürfen und eine Frau sollte eine Karriere haben dürfen ohne den Stempel der „Karrierefrau“ zu bekommen (was ist eigentlich ein Karrieremann?).

Bonobos vs. Schimpansen

Mit ihrer klaren, unaufgeregten Sprache versteht Linda Scott es, Fakten verständlich darzustellen. Die dargestellten Umstände sprechen für sich und benötigen keiner weiteren Emotionalisierung. Dadurch wird das Buch vermutlich auch für Skeptiker*innen leichter zugänglich. Anhand einfacher Beispiele, die man sich gut merken kann, werden Argumente besprochen.

So gibt es etwa einen Vergleich zwischen der den Menschen sehr nah verwandten Tiere der Bonobos und der Schimpansen. Bonobos leben sehr friedlich zusammen und haben auch als eines der wenigen Lebewesen Sex nicht nur zur Fortpflanzung, sondern aus Spaß. Bei Schimpansen hingegen herrscht Unterdrückung und Gewalt.

Die Bonobos haben mit mir also definitiv einen neuen Fan gewonnen! Beeindruckend ist auch, dass sich bei einer Langzeitstudie bei Pavianen eine drastische Verhaltensänderung zu einem gemeinschaftlichen, friedlichen Zusammenleben gezeigt hat. Ich kann Linda Scott nur recht geben, wenn sie sagt: „Wenn Paviane sich ändern können, dann können wir das auch“

Den eigenen Machtbereich nutzen

Ein Vorschlag von Linda Scott für mehr Gleichberechtigung ist beispielsweise das „80-Prozent-Weihnachten“. Die Idee dahinter: jede Frau nutzt ihre Konsummacht und gibt nur 80% des Geldes für Weihnachten aus bis der Gender Pay Gap geschlossen ist. Frauen ist oft nicht bewusst, in welchen Bereichen sie Macht haben – besonders durch ihr Konsumverhalten haben sich aber zum Beispiel auch die Themen Nachhaltigkeit und Umwelt in die großen Konzerne der Welt eingefunden.

Der Gender Pay Gap ist definitiv vorhanden, denn Argumente wie Teilzeitarbeit oder mehr Ausfall durch Kinderbetreuung, die oft vorgeschoben werden als Grund wieso der Unterschied nicht so groß sei, sind ja genau die Schwierigkeiten für Frauen. Meint wirklich jemand, dass Menschen, die sich um unsere nächste Generation kümmern und diese aufziehen wirklich weniger Geld und Pension verdient haben?

Eine Welt für alle

„Das weibliche Kapital“ von Linda Scott bringt meiner Meinung nach die Thematik gekonnt auf den Punkt. Es zeigt auf, weshalb es nach wie vor wichtig ist aktiv an der Gleichberechtigung zu arbeiten. Es ist nicht genug, was bisher geschah, und es ist wichtig, dass sich weiterhin Frauen und Männer dafür einsetzen. Gemeinsam können wir eine Welt schaffen, in der niemand zurückbleibt. Wenn jede*r dieses Buch liest, wäre die Welt bestimmt ein Stück verständnisvoller und schöner.

Hier findest du ein spannendes Interview mit Linda Scott:

Über den Hanser Literaturverlag

Der Hanser Literaturverlag ist ein vielfältiges Verlagshaus, das von klassischen Werken bis zu Kinderbüchern unterschiedlichste Publikationen herausgibt. Der Verlag befindet sich seit der Gründung von Carl Hanser 1982 in Familienbesitz, als dieser mit der ungewöhnlichen Vision gegründet wurde, Literatur- und Fachverlag unter einem Dach zu vereinen. Bis heute hat sich das Konzept bewährt und wir weiterhin erfolgreich geführt. Der Verlag brachte so auch mehr Nobelpreisträger*innen heraus als jeder andere deutsche Verlag. Der Fokus liegt dabei auf deutschen Autor*innen wie Herta Müller, aber auch internationale Größen wie Jorge Luis Borges oder eben Linda Scott finden sich darunter.

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